Wer sich aber zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, daß er mit Füßen getreten  wird“. Immanuel Kant

Dieser  plakative  Satz  wirkt  intuitiv  einleuchtend.  Er  appelliert indirekt  an  unser  Ehrgefühl  und  rekurriert  auf  die  Erfahrung,  dass  Menschen  sich  selbst  buchstäblich  zum  Wurm  machen,  erniedrigen,  demütigen  können,  und dass sie dann auch von anderen entsprechend behandelt werden.

Es ist leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu sagen, jemand hätte den letzten Rest Selbstachtung verloren. Deutlich schwieriger ist es, sich selbst zu hinterfragen. Wie viel Selbstachtung habe ich eigentlich vor mir selbst? Tatsächlich denken zahlreiche Menschen schlecht von sich, behandeln sich ungerecht oder halten sich für unzureichend. Liebe und Respekt vor sich selbst – das müssen manche erst wieder lernen.

Selbstachtung ist jedoch das Maß wie wir uns selbst bewerten und respektieren. Darin stecken Würde, Selbstliebe ebenso wie das Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Selbsteinschätzung und Selbstwertschätzung.

Würde gibt es nicht zum Nulltarif 

Es gibt kaum eine Situation, in der unsere Würde keine Rolle spielt. Wir fühlen genau, wann sie angegriffen wird – und wissen eigentlich auch, was dann zu tun ist.

Bei einer Entscheidung ist es egal wie man sich entscheidet. Denn auch wenn sich die Dinge nicht so entwickeln wie erhofft, haben wir am Ende immer noch uns selbst. Das nicht erreichte Ziel beschädigt vielleicht unsere wirtschaftliche Situation oder unser Liebesleben, vor sich selbst verstecken müssen wir uns deswegen aber nicht. Denn kein Ziel ist wichtiger als wir selbst, und überhaupt ist das Leben keine Sache, aus der man ständig einen Nutzen ziehen muss. Wer sich selbst hat, weiß also, dass er oder sie einfach um seiner/ihrer Selbstwillen da ist. Und genau aus dieser Tatsache bezieht der Mensch seine Werte. Wenn das Gefühl für den eigenen Wert und für die eigene Würde wackelt, gibt es kein Maß für das, was ich der Mensch wert ist. Nur dann können die Ansprüche an sich selbst ins Unermessliche wachsen. „Wer sich also nicht wertschätzt, kann heiraten, wen er will, und erleben, was er will, er wird niemals glücklich und zufrieden sein.“ denn kein Glück ist groß genug, um den Schmerz der Wertlosigkeit wett zu machen, und jedes Pech, jede Niederlage, scheint ein Ausdruck der eigenen Minderwertigkeit zu sein. Aber am schlimmsten ist es, wenn Menschen sich selbst missbrauchen. Es ist eine schlechte Idee, nackt ein Dinner zu sich zu nehmen und sich für eine fragwürdige Show dabei filmen zu lassen. Nicht ganz so krass, aber auch nicht schön ist es, weiter mit einem verhassten Partner zu leben und zu schlafen, weil man nicht aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen mag oder den Exfreund zu einem Familientreffen mitzunehmen und die Trennung zu verschweigen. Manche Menschen meinen aber, ihre Würde wäre die Aufmerksamkeit oder die Vorteile wert. Sie überschätzen also das, was Sie dafür bekommen, und unterschätzen den Preis, den sie dafür zahlen.

Ohne Selbstachtung lassen sie sich von anderen herumschubsen. Auch, weil sie glauben, es nicht besser verdient zu haben. Blödsinn! Niemand hat so etwas „verdient“. Lassen Sie sich nicht alles gefallen – von niemandem. Behalten Sie Ihre Würde – und setzen Sie Grenzen.

„Nein.“ ist ein vollständiger Satz, der weder Begründung noch Rechtfertigung benötigt. Abgrenzung hat noch einen zweiten Effekt: Wer seinen Wert erkennt, hat es zunehmend schwer, sich mit Menschen zu umgeben, die das nicht tun. Grenzen zu setzen bedeutet daher auch, sich von Menschen zu trennen, die einem nicht gut tun.

Von Marcel Proust stammt das schöne Zitat:

„Unterlegen ist man im Leben erst dann, wenn man seine Selbstachtung verloren hat.“