Willenskraft lässt sich jederzeit herstellen

Odysseus wusste, wie schwach die Willenskraft tatsächlich ist, als er seine Mannschaft bat, ihn an den Mast zu binden, während sein Schiff an den verführerischen Sirenen vorbei segelte.“

Warum sollte man sich freiwillig das Leben schwer machen? Warum sollte man sich absichtlich selber quälen, sich ganz bewusst in ein schweres Dilemma begeben oder sich absichtlich die Arbeit schwer machen? Das will niemand. Dennoch tun die meisten Menschen das jeden Tag. Wenn wir unseren Erfolg an unsere Willenskraft knüpfen, ohne zu verstehen, was das eigentlich bedeutet, haben wir unseren Misserfolg vorprogrammiert. Und das müssen wir nicht.

Das alte Sprichwort: „Wo ein Wille ist, da ist ein Weg“, das oft als Aussage über die reine Entschlusskraft zitiert wird, hat wahrscheinlich genauso oft in die Irre geführt, wie es nützlich war. Es schießt und so schnell durch den Kopf und kommt uns so leicht über die Lippen, dass man kaum inne hält, um über seine volle Bedeutung, nachzudenken. Dieses Sprichwort, dass gemeinhin als einzigartige Quelle persönlicher Stärke gilt, wird als clever formuliertes eindimensionales Erfolgsrezept fehlinterpretiert. Es gehört aber mehr dazu, dass der eigene Wille seinen Einfluss geltend machen kann. Wenn man die Willenskraft ausschließlich als Aufruf zu Charakterstärke nimmt, ignoriert man ihr anderes zentrales Element: den richtigen Zeitpunkt. Die meiste Zeit in meinem Leben dachte ich nicht über Willenskraft nach. Als ich damit begann, fand ich die Vorstellung faszinierend. Die Fähigkeit, sich selbst zu kontrollieren und seine eigenen Handlungen zu bestimmen, ist eine sehr beeindruckende Idee. Wenn man sie auf Training gründet wird sie Disziplin genannt. Wenn man seine Willenskraft einfach einsetzt, weil man es kann, dann ist sie rohe Macht.

Die Macht des Willens. Es schien so einfach: ich brauche nur meine Willenskraft zu aktivieren, und schon stellt sich der Erfolg ein. Ich war auf dem richtigen Weg. Leider hatte ich nicht viel Gepäck, da ist ja nur ein kurzer Weg bis zum Ziel war. Als ich begann, dem verteidigungsschwachen Ziel meinen Willen aufzudrücken, stellte ich schon bald etwas entmutigtes fest: ich brachte nicht immer Willenskraft auf. In einem Moment gelang es mir, und im nächsten, Puff, war sie weg. An einem Tag hatte sie sich unerlaubt verabschiedet und am nächsten stand sie mir auf Kommando zu Verfügung. Meine Willenskraft schien zu kommen und zu gehen, als führe sie ein Eigenleben. Bei dem Streben nach Erfolg auf Basis meiner inneren Stärke stellte sich heraus, dass die Willenskraft nicht auf Abruf zur Verfügung stand. Mein erster Gedanke war: „Was stimmt nicht mit mir? Bin ich ein Verlierer?“ Offensichtlich.
Es schien so, als habe ich keinen Biss. Keine Charakterstärke, keine innere Kraft. Folglich verstärkte ich mein Bemühen, zeigte mich wild entschlossen, verdoppelte meine Anstrengungen und kam zu einem demütigenden Schluss:

Willenskraft lässt sich nicht auf Kommando herstellen.

So stark meine Motivation auch war, meine Willenskraft saß nicht einfach herum und wartete darauf, abgerufen zu werden, bereit, in jedem Moment allem meinen Willen aufzuzwingen. Ich war perplex. Stets hatte ich angenommen, sie wäre einfach immer latent vorhanden und ich könne sie zu jedem beliebigen Zeitpunkt aktivieren, um mir das zu verschaffen, was ich wollte. Da lag ich falsch. Dass die Willenskraft jederzeit abrufbar ist, ist ein Märchen.

Die meisten Menschen glauben, Willenskraft sei wichtig, Aber viele sind sich möglicherweise nicht vollständig darüber bewusst, wie wichtig sie gerade für unseren Erfolg ist.

Dinge, die ihre Willenskraft beeinträchtigen:

Neue Verhaltensweisen anwenden

Ablenkung filtern

Versuchung widerstehen

Gefühle unterdrücken

Aggression zurückhalten

Impulse bändigen

Tests absolvieren

versuchen, Andere zu beeindrucken

Angst zu überwinden

etwas tun, das keinen Spaß macht

langfristigem Belohnung gegenüber kurzfristigen Belohnung den Vorzug geben

Ohne es zu merken, widmen wir uns tagtäglich allen möglichen Aktivitäten, die unsere Willenskraft schmälern. Unsere Willenskraft wird verbraucht, wenn wir Entscheidungen zur Fokussierung unserer Aufmerksamkeit treffen, unsere Gefühle und Impulse unterdrücken oder unser Verhalten ändern, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Das ist so, als würden wir mit einer Spitzhacke ein Loch in eine Gasleitung hacken. Es dauert nicht lange und überall entstehen Lecks, bis keine Energie mehr übrig bleibt, um die wichtigsten Aufgaben zu erledigen. Wie alle knappen Ressourcen muss auch die Willenskraft sorgfältig eingesetzt werden.

Das A und O ist der richtige Zeitpunkt.

Sie brauchen ihre gesamte Willenskraft, um sich nicht ablenken zu lassen, wenn sie das Richtige tun. Und dann brauchen Sie Willenskraft für den Rest des Tages, um das, was sie getan haben, zu unterstützen.  Oder sie brauchen ihre Willenskraft um zu vermeiden, dass Sie ihre eigenen Handlungen sabotieren. Wenn Sie also das maximale aus einem Tag herausholen wollen, erledigen Sie die wichtigste Arbeit, ihre eine Sache, möglichst früh, bevor ihre Willenskraft verbraucht ist. Da ihre Selbstkontrolle im Verlauf des Tages nachlässt, nutzen Sie sie, wenn sie noch über volle Reserven verfügen.

Die Kernpunkte:

  1. Verschwenden Sie ihre Willenskraft nicht auf zu viele Dinge. Sie besitzen nur eine begrenzte Menge an Willenskraft, daher müssen Sie bestimmen, was am wichtigsten ist, und ihre Willenskraft dafür aufsparen.
  2. Achten Sie auf einen vollen Akku. Unverbrauchte Willenskraft erfordert einen vollen Tank. Lassen Sie niemals zu, dass die wirklich wichtigen Dinge nicht genügend Aufmerksamkeit erhalten, weil ihr Gehirn nicht genügend Nahrung erhalten hat. Ernähren Sie sich richtig und regelmäßig.
  3. Bestimmen Sie den richtigen Zeitpunkt für die wichtigste Aufgabe. Erledigen Sie das wichtigste immer zuerst, wenn ihre Willenskraft noch unverbraucht ist. Maximale Willenskraft bedeutet maximalen Erfolg.