Es ist mal an der Zeit für mich eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Seit April bestreite ich meine Seminare zum Thema Kommunikation, Konfliktmanagement und Teamentwicklung  zum Großteil online über Zoom oder Adobe connect.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten und Hürden, bezogen auf die Plattformen, läuft es mittlerweile relativ reibungslos.

Auch meine Dozententätigkeit an Hochschulen erfolgt im Moment noch ausschließlich online.

Am Anfang war es für mich schwer vorstellbar,  Inhalte zu Themen wie Kommunikation und im speziellen Körpersprache online und nicht in Präsenz zu vermitteln.

Das auch noch mit dem gewünschten und gewohnten Erfolg.

Schon beim ersten Seminar wurde mir bewusst, wie sehr mir der Seminarraum fehlte, in welchem ich mich frei durch den Raum bewegen und meiner Persönlichkeit gerecht werden konnte. Meine recht ausgeprägte Körpersprache musste ich zudem auf ein Maß reduzieren, damit diese von der Kamera überhaupt noch eingefangen werden konnte. Ich habe dann gänzlich darauf verzichtet und mich soweit umerzogen, mich nur oberhalb der Gürtellinie sichtbar darzustellen.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, die Stimmung der Studierenden in ihrer Gesamtheit einzufangen. Der virtuelle Raum lässt sich schwer fühlen und es fordert in diesem Zusammenhang eine sehr gute Beobachtung. Auf der anderen Seite tritt trotzdem eine persönliche Komponente, jedoch andere als gewohnt, hinzu. Alle Teilnehmer blicken in die persönlichen Räume und Privatbereiche der anderen. Auch in mein Büro. Der Hintergrund ist stark individualisiert, mal provisorisch, mal sehr bewusst gewählt.

Welche konkreten Auswirkungen der digitale Klassenraum auf die Lehre haben wird, kann ich noch nicht abschließend beurteilen.

Erfrischend für mich war es, dass es besser lief, als erwartet und das es begang mir Spaß zu machen. Auch Diskussionen waren immer noch möglich, wobei mein Moderationstalent auf besondere Weise gefragt war und ist. Weiterhin war für die ersten Sitzungen, die ich auf diese Weise abgehalten habe, der Vorbereitungsaufwand größer als zuvor, die Inhaltliche Gestaltung musste überarbeitet werden, was ja nicht schlecht sein muss. Zwei Seminartage reduzierten sich  auf Einen, mit dem gleichen Input. Da war mein Organisationstalent und das fachliche know-how gefordert und unerlässlich.

Ich hätte es zwar nicht gedacht, das mal zu sagen, aber ein gewisses Multi-Tasking-Talent ist notwendig.

Irgendwo zwischen dem Bedienen der Software und dem Durchführen des Seminars auch noch die vielen kleinen Videomonitore im Blick zu halten und technische Probleme zu managen, erfordert viel Überblick.

Eine große Chance für die digitalen Formate sehe ich darin, dass es damit nun viel einfacher wird, auch Seminare von einem Standort der Wahl zu machen, ohne die Dozententätigkeit und die Betreuung der Studenten unterbrechen zu müssen. Dies ist schon allein deshalb interessant, um den etwaigen, durch das digitale Format entstehenden Qualitätsverlust etwas aufzuwiegen. Gerade die Möglichkeiten, zusätzliche Angebote zum Thema für solche digitalen Lehrveranstaltungen machen zu können, halte ich für sehr reizvoll und dann technisch einfach umsetzbar. Das gleiche gilt natürlich auch für online Coaching der Klienten. Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt aufgehört die Anzahl der Seminare zu zählen und muss zugeben, dass es gut und zufriedenstellend abläuft. Trotzdem stelle ich eine vermehrte „ Online Müdigkeit“ fest. Von Seiten der Klienten und Studenten, aber auch von meiner Person. Es ist nicht mehr so spannend den Gesprächspartner und Dozent nur im Bild wahrzunehmen und Probleme technischer Art werden bewusster wahrgenommen und kritischer hinterfragt. Auch das Miteinander wird zunehmend schmerzlich vermisst, da der Austausch in den sogenannten Breakout – Sessions doch nicht der realen Face to Face Kommunikation in den Pausen oder in den Gruppenarbeiten entspricht.

Deswegen möchte ich zum Schluss eine Lanze für die Präsenzlehre brechen. Ich kann mir nicht vorstellen, Seminare nur noch in diesem Format abzuhalten. Dafür geht mir zu viel unmittelbare Erfahrbarkeit gemeinsamen Lernens verloren. Dennoch erhoffe ich mir, dass mit der jetzigen Krise der Lehre und der Coaching Arbeit der Knoten platzt, um diese digitalen Formate auch später weiter für zusätzliche Angebote zu verwenden, allein schon deswegen, weil dann ja die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht und die Dozierenden und Coaches über die notwendige Erfahrung verfügen. Als Ergänzung oder zusätzliches Angebot eine willkommene Abwechslung.