Frauen reden anders –Männer auch

Geht es Ihnen auch manchmal so?
Sie haben ein Anliegen oder ein Problem und wollen es ihrem Gesprächspartner mitteilen?
Er hört zu, jedoch reagiert er auf Ihre Nachricht anders als erwartet. Sie fühlen sich falsch oder gar nicht verstanden, sind gekränkt oder verärgert. Wenn Männer und Frauen miteinander reden, kann es aufgrund von geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Sprache zu Missverständnissen kommen. Nicht selten sind diese Missverständnisse der Nährboden für darauffolgende Konflikte und darunter leidet die Qualität der Beziehung und der Zusammenarbeit. Männer wie auch Frauen sollten daher achtsam mit kommunikativen Eigenschaften umgehen. Wie das geht, erklärt Coach und Kommunikationstrainerin Sigrid Zegelman.

Typisch Frau, typisch Mann….

Typisch Frau und typisch Mann gibt es nicht. Unterschiedlich stark ausgeprägte weibliche oder männliche Verhaltensmuster und Verhaltensweisen schon – und die können im Privatleben aber auch im Job Probleme machen. Wenn weibliche und männliche Kommunikationstypen aufeinandertreffen, sind meistens Missverständnisse vorprogrammiert.
Denn Frauen und Männer – oder korrekter: Menschen mit eher weiblichen oder eher männlichen Verhaltenstendenzen – missverstehen sich tatsächlich des Öfteren, weil sie unterschiedliche Kommunikationsmuster pflegen. Es lohnt, sich klarzumachen, dass es diese Unterschiede gibt, sie näher ins Visier zu nehmen und zu lernen, die Sprache des anderen – in Kommunikation und Verhaltensweisen – nicht nur besser zu verstehen, sondern auch selbst zu beherrschen – zumindest in den Grundlagen.

Frauen lieben den Konjunktiv, Männer missverstehen ihn

Frauen lieben den Konjunktiv in der Kommunikation während Männer diesen missverstehen. „Wäre es Ihnen möglich, mir die Unterlagen heute noch vorbei zu bringen?“ Für viele Frauen ist das eine höflich gestellte Frage. Für die meisten Männer heißt das jedoch „ich brauche die Unterlagen nicht unbedingt heute. Es geht auch morgen noch.“ Für männliche Kommunikationspartner ist der Konjunktiv Ausdruck von Unentschiedenheit oder gar Unsicherheit, weil sie sich selbst in der Regel geradlinig und ohne Umschweife verbal ausdrücken.

Wortreichtum der Frauen – Missverständnis durch Sprachgewandtheit

Frauen bevorzugen tendenziell eine wortreichere Kommunikation. Sie verwenden mehr Nebensätze, liefern mehr Informationen, nutzen vermehrt grammatikalische Variationen und haben einen komplexeren Satzbau sowie einen wesentlich breitgefächerten aktiven Wortschatz. Je mehr eine Frau durch ihre Sprachkompetenz brilliert, desto geringer sind ihre Chancen, sich in einer männerdominierten Umgebung verständlich zu machen, eben weil viele männliche Gesprächspartner Detailgenauigkeit und Denkschleifen als Unsicherheit auslegen. Für Männer ist das fokussieren auf Konkretheit gleichzusetzen mit Erfolgsorientierung. Dadurch werden wichtige und entscheidende Beiträge von Frauen oft einfach überhört. Frauen drücken sich, abgesehen vom Konjunktiv, oft viel vorsichtiger aus als ihre männlichen Artgenossen. Sie verwenden mehr Weichmacher wie „vielleicht“, „wahrscheinlich“ und „eventuell“ wie auch das auf sich selbst bezogene Pronomen „ich und mich“, um Generalisierungen zu vermeiden und nicht arrogant zu wirken. Sie hinterfragen sich des Öfteren, bevor sie ihre Statements abgeben. In der männlichen Kommunikation finden sich dagegen bestimmte Artikel wie „der“ oder „diese“ häufiger, womit verdeutlicht werden soll, dass ihre Aufmerksamkeit lösungsorientiert ausgerichtet ist. Sie gehen nicht von ihrer Wahrnehmung aus, sondern sprechen konkret über Dinge und Fakten. Das erhöht ihre Überzeugungskraft. Hinzu kommt, dass Frauen oft eine höhere Sprechgeschwindigkeit an den Tag legen und weniger Pausen in dem Redefluss einsetzen als Männer. Mehr Tempo kann zwar eine höhere Dynamik im Gespräch mit sich führen, jedoch empfindet der Kommunikationspartner das schnelle Sprechen unbewusst oft als „Fluchttendenz“. Hier bestätigt sich das Bild von der „unsicheren Frau“ für den Mann.

Frauen und Männer – Paraverbale Gegensätze?

Viele Menschen schreiben vor allem dunklen, warmen und kräftigen Stimmen Autonomie und Kompetenz zu, ein biologischer Nachteil der Frauen, da sie in der Regel eine höhere und dünnere Stimme haben. Das macht sich besonders bemerkbar, wenn Frauen unter Druck geraten. Aufregung und Anspannung führen zu einer flacheren Atmung und einem „Kloß im Hals“. Folge ist, dass ihr Stimmklang und die Stimme „piepsig“ wird und damit noch weniger Kompetenz vermittelt. Viele Männer heben bei Anspannung, Ärger oder in kritischen Situationen dagegen unbewusst automatisch ihren Brustkorb an. Damit haben sie mehr Luft für ihre Stimme zur Verfügung, diese wird noch lauter und prägnanter und dominiert. Frauen und Männer reagieren auf die Veränderung der Stimme automatisch unbewusst. Frauen kommen in den Rechtfertigungszwang im Gegensatz zu dem Mann. Er verschafft sich mit kraftvoller Stimme ohne großen Aufwand Gehör. Männer reagieren regelrecht genervt auf die hohe und leise Stimme der Frau, und empfinden oft Mitleid mit der weiblichen Gesprächspartnerin in der Kommunikationssituation.

Du hörst mir nie zu….!

Auch in der Art des Zuhörens unterscheiden sich Frauen und Männer voneinander. Frauen hören hörbar zu. Sie nicken nicht nur, sondern bestätigen ihre Aufmerksamkeit und geben verbale Rückmeldung durch Worte, wie „aha“, „hmh“, „oh nein“, „ja ja“ und „echt?“. Der Mann ist dagegen eher der geräuschlose Zuhörer. Außerdem schweift und lenkt er rascher ab. Seine Aufmerksamkeitsbereitschaft beim „Aktiven zuhören“ ist deutlich geringer als bei dem weiblichen Zuhörer. Eine Frau interpretiert die fehlende Rückmeldung auf das Gesagte und die Reaktion des männlichen Gesprächspartners unter Umständen als grundsätzliches Desinteresse und reagiert mit Anpassung oder Ausstieg.

Warum reden wir nicht?

Eine weitere Gefahr von Missverständnissen liegt im Umgang mit dem Schweigen. Für Männer kann Schweigen Ausdruck tiefster Verbundenheit sein, während Frauen enge Verbundenheit eher durch Sprechen ausdrücken und herstellen wollen. Sie empfinden schweigende Männer als distanziert und unter Umständen sogar als bedrohlich. Männer dagegen empfinden Frauen, die das Schweigen offenbar nicht „aushalten“ als unsicher, nervig und störend .

Änderungen funktionieren nicht auf die Schnelle und nicht oberflächlich

Wie aber lässt sich jetzt zwischengeschlechtliche Kommunikation verbessern?
Sollen Frauen mehr „männlich“ kommunizieren lernen? Sollen männliche Kommunikationspartner ihre Kommunikation auf Frauensprache umstellen?
Eine Möglichkeit bietet sich vor allem in der Aufmerksamkeit und Akzeptanz gegenüber dem eigenen Kommunikationsverhalten, wie auch den Kommunikationsgewohnheiten des anderen. Es ist wichtig, bestimmte Aspekte in der Art der Kommunikation, die immer wieder zu Missverständnissen und unangenehmen Reaktionen führen, zu reflektieren und gegebenenfalls gutbegründete Veränderungen im Sinne einer Kompetenzerweiterung vorzunehmen. Das funktioniert aber nicht durch eine einfache Änderung von Sprechweise oder Gestik, Mimik und Körperhaltung. Das Wort Person (abgeleitet vom lat. per-sonare = hindurchklingen) beinhaltet im Sinne der Kommunikation immer auch Authentizität Das bedeutet im Weiteren, dass sich erst einmal meine innere Befindlichkeit verändern muss um nachhaltig eine Änderung in der Stimme, Sprechweise und nonverbalen Kommunikation zu bewirken.

Fazit

Ein Coaching ist möglicherweise eine Hilfe und biete die notwendige Unterstützung. Der Hang im Konjunktiv zu formulieren und an dem eventuell fehlenden Selbstbewusstsein zu arbeiten ist eine Möglichkeit der Veränderung. Es kann dadurch leichter werden Ideen und Erwartungen konkreter in einem Umfeld zu formulieren, das Vorsicht mit Unsicherheit gleichsetzt. Es bringt im besten Fall deutlich mehr Respekt ein.