Wenn ich mich viel mit der eigenen Person und der persönlichen Entwicklung befasse, dann komme ich relativ schnell zu dem Schluss, dass positive Gedanken gut und negative Gedanken schlecht für mich sind. Von diesem Zeitpunkt an versuche ich mich so gut es geht auf das Positive zu konzentrieren und dem Negativen aus dem Weg zu gehen. Und meistens merke ich auch relativ bald, dass sich etwas verändert. Und zwar zum positiven!

Doch dann gibt es Phasen, in denen ich mich so fühle, als würde überhaupt nichts weitergehen. Als hätte ich überhaupt nichts verstanden und als würde ich vor meinen  Problemen lediglich davonlaufen. Manchmal kann ich noch so viele positive Aspekte in einer Situation suchen, aber es will einfach nicht besser werden. Und manchmal kann ich noch so sehr versuchen, mich von etwas abzulenken, aber die negativen Gedanken wollen einfach nicht verschwinden.

Und weißt du was? Das ist vollkommen okay!
Und es geht jedem von uns so! Ein Mensch, der behauptet den ganzen Tag lang 24 Stunden nur positiv zu denken, der lügt ganz einfach. Denn das ist gar nicht möglich. Und das hat auch seinen Grund, denn negative Gedanken müssen nicht immer schlecht sein. Tatsächlich können sie sogar sehr gut für uns sein!

Negative Gedanken sind gut, denn stell dir mal vor, du hättest niemals einen negativen Gedanken. Die Welt wäre ein rosaroter Ort und alles wäre perfekt. Würdest du das wirklich wollen? Es ist doch erst der Kontrast, der das Leben spannend macht. Ohne schmerzhafte Erlebnisse würdest du die schönen Momente doch gar nicht mehr schätzen. Kennst du diesen Moment, wenn du an einem eiskalten Wintertag nach Hause kommst und dich in eine warme Decke kuschelst? Diesen Moment würde es in so einer Welt gar nicht geben, da du die Wärme erst durch den Kontrast der eisigen Kälte so sehr zu schätzen weißt.

Negative Gedanken haben durchaus ihren Sinn. Sie zeigen dir, was du nicht willst und damit eben auch, was du eigentlich stattdessen wirklich willst. Sie schützen und warnen dich und zeigen dir unverarbeitete Emotionen, die du rauslassen musst. Und sie bringen dich dazu, dich weiterzuentwickeln. Ohne negative Gedanken würdest du immer da bleiben, wo du jetzt bist, da es keinen Grund gäbe, etwas zu verändern.

Widerstand ist zwecklos.

Sobald du versuchst vor deinen negativen Gedanken zu fliehen oder sie zu verdrängen, passiert genau das Gegenteil von dem was du willst. Widerstand erzeugt nur immer noch mehr Widerstand. Wenn ich dir sage: “Versuche nicht an ein grünes Einhorn mit rosa Punkten zu denken” – Was passiert dann? Richtig! Du denkst an ein grünes Einhorn mit rosa Punkten.

Wenn du also Angst vor deinen negativen Gedanken hast, weil dir ständig gesagt wird, dass sie böse sind und du damit Negatives in dein Leben ziehst, dann kreiert diese Angst nur noch mehr negative Gedanken. So kommst du ganz schnell in eine Abwärtsspirale und machst dir dabei auch noch Vorwürfe, weil du  es einfach nicht hinbekommst. Sobald du etwas unterdrückst, wird es nur schlimmer und schlimmer.

Wie geht man mit negativen Gedanken um?

Auch wenn negative Gedanken durchaus ihre Berechtigung haben und auch wichtig sind, sind sie nicht immer unbedingt wahr. Sie zeigen uns nur unsere momentane subjektive Perspektive. Wir sind nicht unsere Gedanken. Unsere Gedanken sind lediglich unsere Glaubenssätze und inneren Überzeugungen, die uns meist schon in unserer Kindheit eingeprägt wurden. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie wahr sind. Trotzdem gehören sie in diesem Moment zu uns und das ist auch vollkommen in Ordnung.

Statt vor unseren negativen Gedanken und damit vor uns selbst davonzulaufen, müssen wir sie beobachten, annehmen und akzeptieren. Es ist nie gut, einen Teil von sich selbst zu verleugnen und wegzustoßen. Diese Gedanken und Emotionen gehören in diesem Moment genauso zu uns und sollten dementsprechend gewürdigt werden. Das ist ein wichtiger Teil der Selbstliebe. Wenn wir aufgehört haben unsere Gedanken zu verurteilen, können wir die Perspektive wechseln und uns fragen, ob diese Gedanken wahr sind, oder ob wir die zugrunde liegenden Glaubenssätze und Überzeugungen erneuern sollten. 

Wir könnten uns folgende Fragen stellen:

Was zeigt mir dieser Gedanke?

Wovor will mich dieser Gedanke beschützen oder warnen?

Welche Emotionen könnte dahinterstecken, die ich noch nicht verarbeitet habe?

Was sagt dieser Gedanke über mich aus?

Welcher Glaubenssatz steckt hinter diesem Gedanken?

Ist dieser Gedanke tatsächlich wahr, oder gibt es noch andere Sichtweisen, die ich in Betracht ziehen könnte?

Welcher Gedanke würde sich besser anfühlen?

Was würde ich lieber denken?

Höre auf deine Gefühle

Deine Gefühle leiten dich immer in die richtige Richtung. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt dann weißt du, dass du an etwas denkst, dass dir nicht nützlich ist. Negative Gedanken zeigen dir also ganz deutlich, was du nicht willst und leiten dich deshalb zu dem was du stattdessen willst. Du brauchst Krisen, denn sie bringen dich dazu, dich wieder zu fokussieren. Du brauchst den Schmerz, denn er lehrt dich Dankbarkeit. Du brauchst Probleme und schlechte Erfahrungen, um herauszufinden, was du eigentlich willst. Du musst manchmal unglücklich sein, um glücklich zu sein, denn du brauchst den Kontrast.

Weglaufen bringt nichts, denn nichts passiert ohne Grund. Wir müssen bereit sein, unsere Emotionen zu fühlen und uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Und oft können wir dabei eine ganze Menge lernen. Wir brauchen immer beide Seiten: positiv und negativ, hell und dunkel, kalt und heiß, Licht und Schatten… Denn nur wenn man beide entgegengesetzte Teile miteinander vereint, ensteht eine Einheit. Nur, wenn wir beide Seiten zulassen, befinden wir uns im Gleichgewicht.