In meinem Berufsalltag ist es normal, dass Klienten erstmal über all die negativen Ereignisse und Situationen aus ihrem Leben berichten. Aus diesem Grund erzählte ich einem meiner Klienten bei der Verabschiedung noch eine Geschichte:
“Die Lehrerin einer Abiturklasse kündigte einen Überraschungstest an. Zum Erstaunen der Schüler waren auf dem Aufgabenblatt keinerlei Fragen notiert, es war lediglich ein schwarzer Punkt auf der Mitte des Blattes zu sehen. Sie erklärte, dass alle das aufschreiben sollten, was sie auf dem ausgeteilten Blatt Papier sehen würden.
Die Schüler waren zwar sichtlich irritiert, doch sie begannen mit ihrer Arbeit.
Zum Ende der Stunde sammelte die Lehrerin den Test wieder ein. Alle Schüler hatten ausnahmslos den schwarzen Punkt beschrieben – seinen Durchmesser, Radius und den Flächeninhalt berechnet, die Position in der Mitte des Blattes bestimmt, sein Größenverhältnis zum Papier ermittelt …
Lächelnd sprach die Lehrerin zur Klasse: “Ich wollte euch lediglich eine Aufgabe zum Nachdenken geben. Kein Einziger hat etwas über den großen, weißen Teil auf dem Blatt Papier vermerkt. Jeder hat sich auf den schwarzen Punkt konzentriert.”
Genau das Gleiche geschieht oft in unserem Leben! Alle haben wir ein weißes Blatt Papier erhalten, um es zu nutzen und zu genießen. Und dennoch konzentrieren wir uns immer wieder auf die dunklen Flecken. Das Leben ist ein wunderbares Geschenk, das wir mit Liebe und Sorgfalt hüten sollten. Es gibt genau genommen immer einen Grund zum Lachen, Feiern und zum Freuen. Daher sollten wir dankbar sein, für all das Gute, das geschieht!
Doch wir konzentrieren uns oft nur auf die dunklen Flecken, wie z. B.: schlechte Noten, komplizierte Beziehungen, gesundheitliche Probleme, Geldmangel, Sorgen, Ängste und Enttäuschungen.
Im Vergleich zu dem, was wir in unserem Leben erfahren, sind die dunklen Flecken meist sehr klein, und dennoch sind sie diejenigen, die unseren Geist beschäftigen und unsere Lebensfreude trüben!”
Ich ging noch kurz zum Schreibtisch, malte einen kleinen schwarzen Punkt auf ein weißes Blatt und gab es meinem Klienten . “Für Sie”, sagte ich noch, bevor ich mich verabschiedete.
Tage später erhielt ich einen Brief von ihm. Darin befand sich das Blatt mit dem schwarzem Punkt. Dieser war jedoch kaum noch zu erkennen, da die weiße Fläche mit unendlich viel Positivem beschrieben worden war.
© Aus dem Buch von Gisela Rieger: „111 Herzensweisheiten“ ;ISBN: 978-3-9819881-0-9